Bei den Schülermedientagen diskutiert StN-Titelautorin Lisa Welzhofer mit Neunt- und Zehnklässlern über ihre Arbeit im Internetzeitalter.
Normalerweise sprechen Journalisten nicht gerne über sich und ihre Arbeit. Gegenstand ist ja das Gegenüber und nicht der Journalismus selbst. Doch steckt der gute Journalismus als Wächter, Neudeutsch Gatekeeper, der die Verbreitung von Informationen bestimmt, in der Krise, weil heute jeder nach Belieben auf den Informationswellen im Internet surfen kann?
Ganz im Gegenteil, betont die StN-Titelautorin Lisa Welzhofer. Gerade in unsicheren Zeiten, die von der Corona-Pandemie und einem Krieg in Europa geprägt sind, sei seriöser Journalismus mit verlässlichen Informationen wichtiger denn je, sagt sie im Gespräch mit Neuntklässlern des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Aalen und Zehnklässlern des Gymnasiums Renningen. „Qualitätsjournalismus gegen Fake-News und Desinformation“, so lautet das Thema der digitalen Diskussionsrunde zum Auftakt der Schülermedientage 2022. Das Interesse der knapp 70 Schülerinnen und Schüler ist riesengroß, sie stellen viele aktuelle Fragen.
Fake-News-Geschwurbel
Zum Beispiel Emanuel, der wissen möchte, ob Journalisten bei ihrer Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine Beschränkungen seitens der Regierung in Kiew unterliegen. Kriegsbedingt schon, sonst gebe es aber keinerlei Druck, erzählt Welzhofer. Das habe ihr auch der StN-Kollege berichtet, der zu Kriegsbeginn in die Ukraine gereist ist. Und Emilia fragt: „Welche Nachrichten erreichen die Menschen in Russland über den Krieg?“ Nach neuen Gesetzen vom März seien die russischen Medien praktisch gleichgeschaltet und könnten nicht frei oder gar kritisch über den Krieg berichten, erzählt Welzhofer. „Auch unsere Korrespondentin vor Ort muss gut aufpassen, was sie schreibt.“
Doch seriöser Journalismus bewährt sich nicht nur in Krisen wie dem Krieg in der Ukraine. Auch beim Fake-News-Geschwurbel des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Donald Trump oder den Pandemiemythen kommt es auf solide Recherche und journalistische Einordnung an. „ Soziale Medien sind kein Journalismus“, sagt Welzhofer. Aber was macht guten Journalismus aus, wollen die Schüler mit zahlreichen ihrer neugierigen Fragen nach seriösen Quellen, geheimen Informanten oder heiklen Themen herausfinden.
„Annäherung an die Wahrheit“
In jedem Fall hohe professionelle Standards, betont die StN-Autorin. „Das Zwei-Quellen-Prinzip“, also das Abgleichen einer Information mit mindestens einer weiteren unabhängigen Quelle, „das Trennen von Nachricht und Kommentar, das Anhören der ,anderen Seite‘, die Trennung von Information und Werbung sowie eine Sprache, die auf Hetze verzichtet“.
Für Lisa Welzhofer wird der Journalismus so zu einer für jeden nachvollziehbaren „Annäherung an die Wahrheit“. Der Tübinger Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sieht in der Kenntnis der journalistischen Grundregeln, über die sich die Schülerinnen und Schüler aus Renningen und Aalen jetzt informiert haben, einen „Ausweg aus dem „Desinformationsspektakel“ hin zu einer medienmündigen „redaktionellen Gesellschaft von Bürgerinnen und Bürgern“.